Pilotenberuf - Die Reportage
Blicken wir den Piloten während ihrer spannenden Tätigkeit über die Schulter. Die Reportage zeigt, welche Schritte für einen sicheren Flug nötig sind.
vom start bis zur Landung
Der Start - Take off!
Bei der Startbahnschwelle kontaktiert der PNF nun den im Volksmunde genannten Tower, den Kontrolltrum bzw. den sogenannten ATC. Dieser ist nur für die An- und Abflüge eines Flughafens verantwortlich und gibt als einziger die Start- und Landeerlaubnis.
Nach dem Einschwenken auf die Startbahn und der Starterlaubnis wird die Schubkontrolle vom fliegenden Piloten betätigt und das Flugzeug beschleunigt. Der PF hat dabei seinen Blick stets auf die Startbahn geheftet und seine rechte Hand ständig auf der Schubkontrolle. Denn bei einem allfälligen Startabbruch muss schnell gehandelt werden. Der PNF beobachtet während der Startphase immer die Instrumente. Er gibt die Information durch, wann die Geschwindigkeiten V1und VR bzw. „Gear up“ erreicht sind. Die Geschwindigkeit liest er dabei auf dem Primary Flight Display. Darauf erkennt man einen künstlichen Horizont in der Mitte des Displays, der über Kurven- und Horizontalflug bzw. über Steig- und Sinkflüge informiert. Rechts auf diesem Bildschirm sieht man die Angaben über die aktuelle Höhe und auf der linken Seite befindet sich die Geschwindigkeitsangabe in Knoten. Der Start ist immer manuell, d.h. sobald der PNF den Wert VR ausruft, zieht der fliegende Pilot den Sidestick leicht nach hinten, um die Nase des Flugzeugs anzuheben. Der Sidestick ersetzt den alt bekannten Steuerknüppel und ist bei den Airbusflugzeugen nur noch ein Joystick auf der Seite (deshalb Sidestick).

Kurz nach dem Verlassen der Startbahn ertönt „Gear up“ von der Seite des PNF. Dies bedeutet, dass nun das Fahrwerk eingefahren werden kann, weil eine positive Steigrate vorliegt. Nach einem kurzen Steigflug durchbohrt unsere Maschine die dünne Nebeldecke und wir werden von einem wunderbaren Sonnenaufgang über der Wolkendecke empfangen. Nun beginnt eine eher weniger stressige Phase – es handelt sich um den Reiseflug. Andi hat nun etwas Zeit mir einige Berge von der Vogelperspektive zu zeigen, denn das eigentliche Fliegen hat der Autopilot übernommen.

Der Reiseflug - Der Autopilot fliegt

Blick durchs Cockpitfenster des Airbus A320

Kurz nach dem Start hat der fliegende Pilot dem Autopiloten die Steuerung des A320 übergeben. Der Autopilot steuert nun entlang der Route, die zuvor programmiert worden war, nach Kos.
Wie bereits erwähnt ist unsere Flugroute keine gerade Linie, sondern weist mehrere Kurven auf. Dies ist deshalb so, weil wir gewissen Wegpunkten und somit Luftstrassen folgen müssen. Die Wegpunkte wurden noch vor dem Start in die MCDU eingetippt. Dadurch weiss der Autopilot, wohin er fliegen muss. Beim überfliegen eines Wegpunktes korrigiert er automatisch in die Richtung des nächsten Wegpunktes.
Die Flugroute ist jeweils auf dem Navigation Display als grüne Linie erkennbar.

Zudem erkennt man das Flugzeug als gelbes Kreuz, welches immer dieser Linie folgt. Dieses Display kann aber noch mehr Angaben anzeigen. Wenn beispielsweise ein anderes Flugzeug in der Nähe durchfliegt, so wird ein kleiner Punkt auf diesem Bildschirm, sowie dessen vertikale Entfernung zum Flugzeug dargestellt. Die Zahl zeigt also den relativen Höhenunterschied inklusive einer Schutzzone von 100 Feet an. Wenn nun also der Wert -04 auf diesem Display erscheint, so befindet sich das andere Flugzeug effektiv 500 Feet unter uns, weil eine Schutzzone von 100 Feet einberechnet wurde und somit nur 400 Feet auf dem Bildschirm angegeben werden.

Der Reiseflug - Tätigkeiten während des Fluges
Es stellt sich nun möglicherweise die Frage, wieso die Steuerung des Flugzeugs dem Autopiloten übergeben wird und ob den Piloten dabei nicht langweilig wird. Würde der Autopilot das Flugzeug nicht steuern, so müsste der fliegende Pilot ständig heftigere Korrekturen mit seinem Sidestick vornehmen, damit unser Flugzeug nicht vom Kurs abkommen bzw. manchmal zu hoch oder zu tief fliegen würde. „Für uns Piloten wäre dies ein Vergnügen, aber den Passagieren würden diese ewigen Korrekturen nicht passen“, so das Zitat des fliegenden Piloten. Der Autopilot erkennt diese kleinen Abweichungen schneller und kann diese ruhiger korrigieren.

Cockpit während des Fluges

Während des Fluges müssen regelmässig alle Systeme und Instrumente, sowie auch die Arbeit des Autopiloten kontrolliert werden. Beispielsweise ob der Autopilot auch das Flugzeug so steuert, wie er es soll, d.h. immer schön der grünen Linie nach.
Mindestens einmal pro Stunde muss der PNF den Kerosinverbrauch überprüfen. Auf den Papieren aus dem OPC sieht er, nach wie vielen Flugminuten das Flugzeug wie viel Kerosin maximal verbraucht haben soll. Diese Werte wurden zuvor mit dem Computer berechnet. Nun überprüft Adrian, ob die Werte auch mit den Werten des ECAM übereinstimmen. Das ECAM ist ein weiteres Display in der Mitte auf dem Instrumentenbrett. Es zeigt verschiedene Daten an, so beispielsweise welche Türen geöffnet sind, wie weit die Räder ausgefahren sind, sowie den bisherigen Kerosinverbrauch. Die Piloten können immer wieder neu einstellen, welche Daten auf diesem Display angezeigt werden, für den Kerosinverbrauch wird die Seite „Fuel“ abgerufen. Der assistierende Pilot vergleicht nun die Werte auf dem Display (Ist-Werte) mit den vorberechneten Soll-Werten auf den Unterlagen aus dem OPC. Sollten die vorberechneten nicht mit den im Flugzeug angezeigten Werten übereinstimmen, so hat man vermutlich Kerosin verloren. Diese Überprüfung des Kerosinverbrauchs ist also dafür da, dass man sich nicht plötzlich ohne Kerosin noch in der Luft befindet.

Weiter muss die Technik kontrolliert werden, d.h. ob der Autopilot die korrekte Route fliegt und ob alle Instrumente einwandfrei funktionieren. Ausserdem wird die Zeit im Auge behalten; ist man überpünktlich so wird die Leistung der Triebwerke etwas zurückgenommen (damit man langsamer fliegt und so zusätzlich noch Kerosin spart) oder falls man zu spät ist, so wird die Leistung erhöht.
Neben der Überprüfung des Kerosinverbrauchs und der Instrumente werden regelmässig Szenarien ausgearbeitet, um für eine Landung in einer plötzlich eintretenden Notsituation immer vorbereitet zu sein.

Neben all diesen Kontrollen bleibt aber auch den Piloten noch Zeit für einen kleinen Snack oder ein leckeres Mittagessen. Piloten essen übrigens niemals das gleiche Menu. Damit wird verhindert, dass auf Grund des Essens beide Piloten ausfallen würden (da z.B. das Essen bereits verdorben war).

Der Reiseflug - Der Funkverkehr
Unsere Route führt von Zürich hauptsächlich über das Festland nach Kos. Denn sollte etwas passieren, sei es technischer oder menschlicher Natur, kann immer noch auf einem der vielen Flugplätze notgelandet werden. Die dortigen aktuellen Wetterlagen wurden deshalb schon vorher im OPC besprochen.
Während diesen 2 Stunden und 40 Minuten überfliegen wir viele verschiedene Länder. Wir werden dabei ständig durch einen Radarlotsen überwacht, der unser Flugzeug als kleinen Punkt auf seinem Radar sieht. Dieser Lotse ist aber nur für einen bestimmten Bereich zuständig, wie zum Beispiel ein Land. Er könnte unmöglich unseren ganzen Flug überwachen, da er auch noch andere Flieger lotsen muss.
Während des Fluges nach Kos gibt es aber nicht sehr viel zu kommunizieren, denn bei gutem Wetter wie es bei diesem Flug gerade der Fall ist, müssen wir iden Lotsen nicht nach Ausweichrouten frage. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der PF eine Gewitterfront umfliegen müsste. Dann muss der gerade zuständige Fluglotse gefragt werden, ob ein Ausweichweg benützt werden darf oder ob sich dort bereits ein anderes Flugzeug aufhält und man diesem somit zu nahe kommen würde.
Da wir aber auf dem gesamten Flug schönes Wetter haben, besteht die einzige Aufgabe darin, die Frequenz immer wieder neu anzupassen. Denn wenn wir über ein neues Gebiet fliegen, müssen wir den Frequenzbereich wechseln, damit wir mit dem neuen Lotsen sprechen können. Nähert sich unser Flugzeug einer Frequenzgrenze, dann sieht dies der Lotse und ruft unser Flugzeug immer mit seinem Namen – in diesem Fall „Edelweiss“. Er gibt folglich auf Englisch den neuen Frequenzbereich durch, der PNF stellt dies auf dem Funkgerät ein und wiederholt diese Zahlen. Sobald der Lotse die Wiederholung bestätigt hat, drückt der PNF den Knopf für den Frequenzwechsel – der Wechsel wird wirksam. Wenn nun also die Piloten in ihr Mikrofon sprechen, dann kontaktieren sie automatisch den neuen und nicht mehr den vorherigen Lotsen. Die Anmeldung beim neu zugewiesenen Lotsen erfolgt ebenfalls durch den PNF. Er muss den Rufnamen (z.B. Edelweiss 566), sowie das aktuelle Flight Level melden. Mit diesen Informationen vergleicht der Radarlotse die Daten auf seinem Radargerät. Die Daten auf dem Radargerät müssen jenen aus dem Flugzeug entsprechen, damit wegen unterschiedlicher Informationen keine Unfälle passieren können. Auf Anweisung des vorherigen Lotsen muss der PNF auch den nächsten Wegpunkt, den aktuellen Kurs und die aktuelle Geschwindigkeit angeben. Dies ist aber optional und wird nur dann dem neuen Lotsen mitgeteilt, wenn der Vorherige die Anweisung durchgegeben hat.
Während des Flugs steht man immer im ständigen Kontakt mit dem Boden. Man kommuniziert mit verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Ländern. Manchmal muss man über die Art und Weise, wie sie die Informationen in das Mikrofon sprechen, ein wenig schmunzeln.

Der Landeanflug - Die Vorbereitung
Die Vorbereitung für die Landung beginnt schon etwa 45 Minuten vor dem eigentlichen Aufsetzen der Maschine am Zielflughafen. Die Piloten studieren dafür die Anflugkarten von Kos. Diese befinden sich in einem kleinen, aber sehr dicken Ordner. Auf diesen Anflugkarten sieht man, welchen Kurs man mit welcher Höhe bzw. Sinkrate ansteuern muss, um auch die Landebahn exakt zu treffen.
Kurz nachdem der Captain das Zeichen für „Seat Belts“ gedrückt hat, kann er mit dem Sinkflug beginnen. Dafür wird dem Autopiloten jeweils der neue Kurs, die neue Höhe, sowie auch die entsprechende Sinkrate angegeben. Diese Angaben erfolgen über Drehknöpfe, welche sich auf dem Bedienungsfeld direkt unter dem Fenster befinden. Der Pilot stellt dabei beispielsweise den neuen Kurs ein (durch drehen des Knopfes) und bestätigt diesen (durch drücken des Knopfes). Bei diesem Bedienungsfeld kann man kurzfristige Änderungen für den Autopiloten vornehmen, langfristig hat man ihn mit der MCDU programmiert. Kurzfristig werden also die Werte durch Drehknöpfe für Mach (Geschwindigkeit), HDG (Kurs), ALT (Flight Level) sowie V/S (Sink- oder Steigrate) eingeben. Das Flugzeug wird sich dann automatisch nach diesen neuen Werten ausrichten.

Die Landung
Aus dem Cockpitfenster sind nun die vielen kleinen Inseln um Kos herum gut erkennbar, da wir uns bereits im Sinkflug befinden und uns dem Boden immer mehr nähern.

Die Landebahn auf Kos (Griechenland) ist in Sichtweite

Nun beginnt die Landephase, die wohl schwierigste Phase während eines Fluges. Die beiden Piloten konzentrieren sich wieder voll und ganz auf ihre Arbeit. Da der PNF während dieses Fluges für den Funk zuständig ist, muss er auch den ATC kontaktieren und diesen über unser Landevorhaben informieren. Dieser gibt immer wieder neue Kurs-, Geschwindigkeits- und Sinkratenangaben durch. Der PF übernimmt dabei die neuen Daten und stellt diese auf dem Autopilot-Bedienungsfeld ein. Während dieser Landephase werden ausserdem die sogenannten „Flaps“ heruntergefahren. Dies sind Auftriebshilfen, welche es ermöglichen, dass das Flugzeug mit einer langsameren Geschwindigkeit anfliegen kann und dabei aber den Auftrieb nicht verliert. Unser Flughafen ist nun schon deutlich in Sichtweite (siehe Bild).
Der Autopilot wird jetzt ausgeschaltet und der PF übernimmt die Steuerung. Immer wieder korrigiert er mit gekonnten Griffen am Sidestick, um damit das Flugzeug der Landebahn auszurichten. Ein letzter überprüfender Blick auf die Instrumente und schon setzt unser Flugzeug sanft auf der kleinen Ferieninsel Kos auf.
Damit das Flugzeug nicht über die Landebahn hinausschiesst, werden nun die Störklappen (über den Tragflächen) hochgefahren, sowie der Umkehrschub (Reverser) eingestellt, indem der Leistungshebel ganz nach hinten gezogen wird. Beim Umkehrschub ist – wie es der Name schon verrät – der Schub umgekehrt, d.h. der Schub erfolgt nun nach vorne und nicht mehr nach hinten. Dadurch wird das Flugzeug abgebremst.

Rollen zur Parkposition
Unser Flugzeug befindet sich immer noch auf der einzigen Landebahn des kleinen Flughafens. Um den Flugverkehr nicht aufzuhalten, müssen wir also auf den nächsten Rollweg (Taxiway) einschwenken, um die Bahn freizugeben. Ein sogenanntes „Follow Me“ Auto führt uns zu der zugewiesenen Parkposition. Dort werden wir von einem „Marshaller“ empfangen, welcher uns mit verschiedenen Zeichen so lotst, dass unser Flugzeug auch richtig eingeparkt ist – und das schön auf der gelben Linie. Nun wird die Parkbremse aktiviert, diese ist eine Passivbremse und verhindert das unerwünschte Wegrollen der Maschine. Mit ihr wird das Flugzeug also nicht abgebremst, sondern nur an Ort und Stelle gehalten, vergleichbar mit der angezogenen Handbremse in einem Auto.
Nun werden gleich die Treppen herangefahren, die Türen geöffnet und die Passagiere werden nach der Verabschiedung vom fliegenden Piloten in ihre Ferien entlassen.

Begriffserklärung
Hier werden die auf dieser Seite erwähnten und kursiv geschriebenen Begriffe genauer erklärt.
ATC Abkürzung für Air Traffic Controll - erteilt die Start- und Landeerlaubnis.
Knoten 1 Knote entspricht etwa 1.85 Kilometer pro Stunde.
Gear up Der fliegende Pilot (PF) kann nun das Fahrwerk einfahren (positive Steigrate).
Feet In der Luftfahrt verwendete Masseinheit; 1 Feet entspricht etwa 0.305 Meter
ECAM Abkürzung für "Electronic Centralized Aircraft Monitoring"
Weiterlesen
Lesen Sie das nachfolgende Thema zu dieser Reportage.

« Zurück» Weiterlesen